Knapp daneben ist eben auch vorbei

Nach den ohnehin schon zahlreichen und weltweiten Skandalmeldungen über Olivenöl scheinen nun auch Schweizer Journalisten unter Zugzwang geraten zu sein, über Olivenöl zu schreiben, ja gar zu richten. Allen voran das Magazin Ktipp der Konsumenteninfo AG.

 

In seiner neusten Ausgabe vom 20. April 2016 berichtet Ktipp nicht zu knapp über einen gross angelegten chemischen Test der in der Schweiz 16 meistverkauften Olivenöle der Güteklasse "extra vergine". "Wie hochwertig sind die Olivenöle wirklich?", fragt Ktipp und will die Antwort darauf mittels Rückstandsanalysen von Pestiziden, Weichmachern und Mineralölen sowie mit der Messung der sogenannten Alkylester erbringen.

 

Obwohl keines der von Ktipp getesteten Supermarktolivenöle die von der EU festgelegten Höchstmengen für Schadstoffbelastung überschreitet, legt Ktipp die ermittelten Resultate als dramatisch aus und vergibt 8 von 16 Produkten die Wertung "ungenügend". Keines der von Ktipp getesteten nativen Olivenöle extra wies zudem nach der Verordnung über Speiseöle und -fette und daraus hergestellte Erzeugnisse Nr. 817.022.105 einen unerlaubten Wert an "Alkylestern" auf. Ktipp lässt im Test trotzdem nach den in Italien gültigen Höchstwerten für Fettsäureethylester prüfen und straft jene Öle ab, die mehr als 30 mg / kg "Alkylester" aufweisen.

 

Ungenügende Recherche des Ktipp

Hiermit unterlief dem Ktipp allerdings ein folgenschwerer Fehler. Der in Italien gültige Höchstwert von 30 mg / kg "Alkylester" bezieht sich lediglich auf die Summe der ermittelten Fettsäureethylester und nicht auf die Summe der Kombination Fettsäuremetyhlester und Fettsäureethylester, wie es die Schweiz in der aktuellen Verordnung vorgibt. Somit könnte es durchaus sein, dass das von Ktipp getestete Bertolli-Olivenöl einen Fettsäureethylesterwert aufweist, der unter des von Italien festgelegten Höchstwertes für Alkylester (FAEE) liegt und von Ktipp zu Unrecht gegeisselt wurde.

 

Kassensturz setzt auf zweifelhaftes Schweizer Olivenöl Panel aus Wädenswil

So oder so. Ktipp hat den Anschluss auf den internationalen Pressezug geschafft. Nur schade, dass dieser in die falsche Richtung fährt, sprich dem Konsumenten mehr schlecht denn recht als Kaufhilfe dienen wird. Dafür soll ja aber bereits am 3. Mai 2016 der Kassensturz, welcher mit Hilfe des in meinen Augen fragwürdigen - nicht zuletzt weil befangenen - Schweizer Olivenöl Panels aus Wädenswil die meistverkauften Supermarktolivenöle der Schweiz sensorisch überprüft haben soll, Licht ins Dunkel bringen. Ein weiterer Skandal ohne nennenswerte Lösung oder echte Hilfestellung für Konsumenten, was soll das bringen? Wieder einmal mehr nichts. Leider. 

 

Mein Fazit: Schweizer Berichterstattungen über Olivenöle sind selten besser als die kritisierten Olivenöle selber.

 

 

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Kommentare: 9
  • #1

    Üzgür (Mittwoch, 20 April 2016 11:05)

    Lieber Herr Brun, und weil dem so ist wie Sie in Ihrem Schluss-Statement berichten, bewirken diese kritischen Berichte über die Olivenöle berim Konsumenten rein gar nichts mehr. Heute gelesen, morgen – vor dem Olivenölregal im Supermarkt – vergessen. Ich zum Beispiel lese sie schon gar nicht mehr. Frei nach Erich Maria Remarque «Im Westen nichts Neues». Die Inflation der Olivenölberichte, nennen wir sie mal «running Tragedy», bewirkt im Worst-Case-Szenario vermutlich nur eines: Dass sich mehr und mehr Konsumenten vom Olivenöl abwenden. Weil sie vom ganzen Beschiss genug haben und - jetzt kommt meine Message für Sie - weil keiner dieser Berichte für den unbedarften Konsumenten wirklich was hergibt. Glauben Sie wirklich, Rösli Meier, die normalerweise an Otto's Schadenkasse arbeitet, könne auch nur im Entferntesten etwas mit Begriffen wie Alkylester anfangen? Und das spricht beileibe nicht gegen Rösli Meier; ich kann damit nämlich auch nichts anfangen. Was wir Konsumenten brauchen ist ein schlichtes, einfaches Gütesiegel, das uns zum guten Olivenöl hin führt. Das ist Ihre Aufgabe, lieber Herr Brun. Ein Gütresiegel zu entwickeln, auf das wir Konsumentinnen und Konsumenten blindlings vertrauen können. Sie sehen, Ihr Weg ist steinig, aber die Wiese von Sempach war für Winkelried auch nicht besonders herausgeputzt.

  • #2

    Benjamin Wunderlin (Mittwoch, 20 April 2016 12:44)

    Kann dem Post von Üzgür nur zustimmen. Kaufe italienische Weine auch nur nach dem offiziellen Gütesiegel. Vom Olivenöl habe ich mich bereits seit einiger Zeit Richtung Samenöle verabschiedet. Ein seriöses Gütesiegel würde micht zurückholen.

  • #3

    Master of Olive Oil (Mittwoch, 20 April 2016 12:47)

    Lieber Üzgür

    Ihre Einschätzung ist bis auf eine einzige Kleinigkeit absolut zutreffend: Nicht ich kann ein Qualitätslabel oder ein Siegel, wie Sie es nennen, herausgeben. Ich möchte viel lieber das Backup für das Siegel sein und AUCH denjenigen, die dann vielleicht mal so etwas wie ein Gütesiegel bringen, kritisch über die Schulter schauen. Und sie Gnade Gott bei Nichterfüllen des Auftrags im Namen der Konsumenten heftig kritisieren. Das ist der Auftrag des Master of Olive Oil.

    Herzlich

  • #4

    Master of Olive Oil (Mittwoch, 20 April 2016 13:05)

    Lieber Herr Wunderlin

    Vielleicht müssten Sie Ihren Wunsch bei Migros, Coop, Aldi, Lidl, Spar, Manor, Globus, Denner, Otto's und Co. anbringen. Ich glaube nämlich, dass sich insgeheim viele Inverkehrbringer ein Gütesiegel wünschen würden, allerdings in Gefahr laufen, dann nur zehn Prozent der im Angebot stehenden Öle siegeln zu können. Keiner dieser grossen Inverkehrbringer hat sich nämlich bisher getraut, auf wirklich gute Olivenöle zu setzen, die das Prädikat "Extra Vergine" tatsächlich verdienen. Die ganz Schlauen und Intelligenten unter ihnen, werden die Chance aber erkennen und hoffentlich handeln.

  • #5

    H. M. (Mittwoch, 20 April 2016 14:22)

    Ich lese Ihre Beträge regelmässig, Herr Brun. Sie bieten mir nicht nur eine Alternative zu Merum, sondern vielmehr stellen Sie und Ihr Blog den Ausweg aus Merum dar. Dennoch finde ich, dass sie mit Ktipp etwas gar hart ins Gericht fallen. Ich verstehe, dass auch Ktipp über Olivenöl schreiben muss - es ist das Dauerthema, viele interessiert es. Es dient der ständigen Berieselung der Konsumenten. Und ich finde das nicht negativ.

  • #6

    Ignacio Melo (Donnerstag, 21 April 2016 07:12)

    Super. Weiss man nun wegen des Tests mehr? Nein. Ich denke es geht bei den Test doch einfach darum schlechte Resultate presentieren zu können. Negativschlagzeilen verkaufen sich besser. Warum haben die nur die bekannteste Öle getestet? Ich möchte wissen, wie das Öl das ich immer kaufe ist. La Organic bei Coop. Vom Aroma her für mich das beste Olivenöl.

  • #7

    Master of Olive Oil (Donnerstag, 21 April 2016 14:29)

    Sehr geehrte/r H. M.
    Dass Sie sich bei Master of Olive Oil über Olivenöl informieren, ehrt Sie.

  • #8

    Raymond Wehrli (Samstag, 23 April 2016)

    Dieser Test ist in punkto Mineralölspuren nichtssagend, weil es heute nahezu in jedem Lebensmittel Spuren davon hat. Ich weiss nicht, was sich Ktipp von dem Resultat erhofft.....
    Raymond Wehrli, Bio-Olivenölproduzent aus Cecina

  • #9

    Master of Olive Oil (Sonntag, 24 April 2016 18:42)

    Sehr geehrter Herr Wehrli, richtig. Lesen Sie dazu die Stellungnahme Merums zum Test der Stiftung Warentest in DE.

THE MASTER SAYS:

«Echtes natives Olivenöl extra macht aus Gutem das Beste. Es bringt die Food Revolution in die Restaurants und in die Küchen zu Hause. Wer einmal echtes EXTRA VERGINE gekostet hat, weiss es fortan zu schätzen. Viel mehr noch: ....er differenziert damit das Gute vom Schlechten. Das ist gut so.»

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