Im Frühjahr dieses Jahres lud Ringiers Schweizer Illustrierte zum Bio-Olivenöl-Test, dessen Resultate in der Juni-Ausgabe des al dente Magazins veröffentlicht wurden.
Jeweils drei Mitglieder des Schweizer Olivenöl Panels und drei Spitzenköche stellten sich Patrick Zbindens Aufgabe, die gereichten Öle - blind - anhand einer 20er Skala auf ihre sensorische Qualität zu bewerten. Das Resultat fiel für mich wenig überraschend aus. Bei 77.77 % der getesteten Öle wurden Fehler beanstandet. Oder einfacher. Nur zwei von neun Bio-Olivenöle sind gut.
Diesen Test erachte ich als repräsentativ. Denn er spiegelt die Situation des hiesigen Angebots wider.
Suboptimale Bewertungsskala beim al dente Bio-Olivenöl-Test
Mit den subjektiven Bewertungen von Düften und Aromen ist das immer so eine Sache. Der Internationale Olivenölrat sieht für die sensorische Beurteilung und Begutachtung von nativen Olivenölen drei Güteklassen - extra nativ - nativ - lampante - vor, in welche mithilfe einer 10er Skala eingeteilt wird.
Damit sich ein Olivenöl "extra nativ" oder "extra vergine" nennen darf, muss es bei der sensorischen Überprüfung zwingend die beiden folgenden Kriterien erfüllen:
- Median der Fehler: = 0
- Median der Fruchtigkeit: > 0
Weist ein Olivenöl im Median einen Fehler von 0.1 (einen Hauch eines sensorischen Fehlers) auf, darf es sich nur noch "nativ" oder "vergine" nennen.
Obwohl der al dente Artikel mit seinem Titel "Gutes Olivenöl hat seinen Preis" eine korrekte Aussage macht, stimmt mich die vorgegebene Bewertungsskala etwas nachdenklich. So attestieren die Verkoster vielen Ölen klare sensorische Fehler und trotzdem erhalten diese in der Endbewertung die Note "befriedigend" oder gar "gut".
Was bedeuten die Testresultate für die Konsumenten?
Sie sind unbrauchbar. Ein ranziges oder stichiges Olivenöl kann nicht mit "gut" bewertet werden. Niemals. Niemand möchte aus faulen Orangen gepressten Saft. Für die Bewertung von Olivenöl ist einzig und allein die Einteilung in die drei Güteklassen "extra nativ", "nativ" und "lampante" sinnvoll. Jegliche anderweitige Bewertungsformen schiessen am Ziel vorbei und führen die Konsumenten in die Irre.
Bio Extra Vergine? Im Supermarkt nicht zu finden!
Auffallend aber wenig erstaunlich ist, dass es die beiden Testsieger der al dente Bio-Olivenöl-Verkostung nicht in Supermärkten, sondern nur in Reformhäusern und bei spezialisierten Händlern zu kaufen gibt. Dieser Test zeigt auf, dass wir in der Schweiz, was die Qualität von Olivenöl betrifft, noch deutlich Luft nach oben haben.
Welche getesteten Öle soll man nun kaufen?
Glaubt man der Jury, was man in diesem Fall durchaus tun darf, soll man sich beim Einkauf nur diejenigen Öle anlachen, welche im al dente Test mit den Noten "hervorragend", resp. "sehr gut" abgeschlossen haben. Diese Öle entsprechen der höchsten Güteklasse für native Olivenöle "extra vergine". Ziemlich sicher zumindest. Alle anderen Olivenöle müssten demnach in "vergine" umetikettiert oder gar aus dem Verkehr gezogen werden. Was ab 01.01.2016 dann und wann der Fall sein wird.
Und zum Schluss noch dies: Olivenöltests wären gut. Wenn sie richtig gemacht und korrekt publiziert werden. Passiert allerdings nie. Schlechte sensorische Resultate werden durch debile Bewertungsskalen fast ausnahmslos schön geredet.
Eines ist deshalb so sicher wie das Amen in der Kirche: Die Schweiz braucht endlich einen aufschlussreichen Olivenöltest. Dabei gilt es nur, die Frage zu klären, ob die eingereichten "Extra Vergine"der höchsten Güteklasse entsprechen oder nicht. Nicht mehr. Aber ganz sicher auch nicht weniger. Ich nehme mich beim Wort. Test folgt.
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Mesut Yilmaz (Samstag, 22 August 2015 21:29)
Ciao Silvan
Ich warte gespannt auf den langersehnten, längst überfälligen Test. Wenn nämlich alle Experten sensorische Fehler feststellen und die Öle dennoch mit "gut" bewertet werden, kann etwas nicht stimmen. Zudem scheinen mir die Kommentare teilweise etwas aufeinander abgestimmt. Vielleicht redaktionelle Nachbesserung?