....für Werbezwecke.
Er existiert tatsächlich. Der Missbrauch von Kindern. Für Werbezwecke. Wer im Supermarkt zum falschen Produkt greift, unterstützt ihn abermals.
Anlässlich des Olio Officina Food Festival führte O.N.A.O.O. - die erste internationale Olivenölverkostungsschule Italiens - unter der Leitung von Carlotta Pasetto und Marcello Scoccia einen Olivenölworkshop für Kinder durch. An und für sich eine tolle Sache, wie man denken könnte. Doch dieser Event sollte alleine dazu dienen, der stärksten Olivenölmarke Italiens eine Image-Politur zu verpassen. Social Marketing könnte man es nennen. Auf Kosten der Kinder, deren Gesichter nun für immer im WorldWideWeb gespeichert sind. Ob die Eltern der Bambini damit einverstanden gewesen wären, hätten sie gewusst, dass die Bilder ihrer Kinder um die Welt gehen werden?
Carapelli. Nicht unbedingt ein Label für Qualität.
Wie das italienische Marktforschungsinstitut TNS im Jahr 2011 schreibt, ist Carapelli die bekannteste aller italienischen Olivenölmarken. Dennoch hat Carapelli mit Italien in etwa so viel am Hut, wie Christoph Blocher mit den Grünen. Der Inhalt der meist tadellos gestylten Flaschen ist vielfach spanischen Ursprungs. Abgefüllt wird die spanische Brühe in der riesigen Carapelli-Abfüllanlage in Tavarnelle in Val die Pesa im Chianti Classico Gebiet. Diesen Umstand kaschierte Deoleo, der spanische Konzern, zu dem Carapelli und Bertolli heute gehören, bis anhin geschickt, in dem er mit einer Wölbeprägung in grossen Lettern FIRENZE auf die Ölflaschen schreibt.
Grund genug, dass in den USA eine Sammelklage gegen den grössten Ölabfüller der Welt, Deoleo (Carapelli, Bertolli) eingereicht wurde (ich berichtete darüber). Deoleos Antrag auf Einstellung wurde vom entsprechenden Richter übrigens gnadenlos abgeschmettert.
Die nicht marktunübliche versuchte Verschleierung des Ursprungs ist allerdings nicht das Einzige, was die US-Kläger dem Grosskonzern vorwerfen. Auch die Qualität der verkauften Öle stimmt nicht mit der von Deoleo angegebenen Klassifizierung überein. Selten bis nie handelt es sich bei Carapellis Ölen um echtes Extra Vergine. Vielmehr handelt es sich um Vergine oder gar um Lampante.
Dass Carapelli nun Kindern einzutrichtern versucht, dass Carapelli das Synonym für gutes Olivenöl sei, stösst mir sauer auf. Dass dieser Verkostungskurs für die Bambini gar öffentlichkeitswirksam beworben wird, ist ein handfester Skandal.
O.N.A.O.O. und ihr Vizepräsident
Den ersten Skandal hätten wir somit also abgehandelt. Der zweite folgt sogleich. O.N.A.O.O. - die erste internationale Olivenölverkostungsschule Italiens - führte den Olivenölverkostungskurs Kurs für Carapelli und mit Carapelli Ölen durch. Da fragt man sich unweigerlich: "Wie gut kann eine Olivenölverkostungsschule sein, wenn man den wehrlosen Kindern Carapelli-Brühen abgibt und ihnen damit zu verstehen geben will, es handle sich dabei um gutes Olivenöl? Wird O.N.A.O.O. dafür geschmiert? Mit Olivenöl? Kaum. Denn Marcello Scoccia, der Vize-Präsident der O.N.A.O.O. liebt die exklusive Küche und würde sich wohl nie ein Lampant-Öl von Carapelli über das Bistecca alla Fiorentina giessen. Doch, warum hat sich die renommierte Olivenölschule trotzdem zum Deal des Kindesmissbrauchs hinreissen lassen?
Marcello Scoccia ist nicht nur Vize-Präsident der O.N.A.O.O., sondern auch Blendmaster und dafür verantwortlich für die Ölqualität bei Carapelli und Bertolli. Ja, ich kann mir vorstellen, dass der Schock bei demjenigen tief sitzt, welcher das hier liest. Es ging mir nicht anders, als ich das aufdeckte.
Ligurischer Ölmulti ist der Gründer der O.N.A.O.O.
Doch damit nicht genug. Gegründet und finanziert wird O.N.A.O.O. von keinem Geringeren als Lucio Carli, Inhaber von Olio Carli (Fratelli Carli, Imperia). Und: seine Carli-Olivenöle sind bei uns
Olivenölexperten ebenfalls - genauso wie die Pfützen von Carapelli - als grausige Lampenöle bekannt. Weder Italien, noch Qualität.
Schweizer Olivenölpanel verlinkt auf O.N.A.O.O.
Dass ein Olivenölkenner Carapellis Öle kaum je über seinen Salat giessen wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Dass wir O.N.A.O.O. als reines Marketinginstrument der grossen, einschlägigen Ölabfüller enttarnt haben, scheint nun ebenfalls klar zu sein. Um eine seriöse Olivenölverkostungsschule kann es sich unter Berücksichtigung dieses Hintergrundes also kaum handeln. Bleibt nur noch die Frage zu klären, warum das Schweizer Olivenöl Panel unter der Leitung von Frau Annette Bongartz den Schulterschluss mit O.N.A.O.O. und somit mit Carapelli, Bertolli, Carli, etc. macht und gar die Website der italienischen Verkostungsschule unter http://project.zhaw.ch/de/science/sop/links.html verlinkt? Weiss man im Schloss Grüental von den dubiosen Machenschaften der O.N.A.O.O. nichts, so spricht das nicht unbedingt für das Schweizer Olivenöl Panel und den Forschungsplatz ZHAW. Weiss man hingegen, dass O.N.A.O.O. Grossabfüller wie Carapelli gezielt unterstützt, dürfte das die Glaubwürdigkeit des Schweizer Olivenöl Panels umso mehr in Frage stellen.
O.N.A.O.O. bereits in der Schweiz
O.N.A.O.O. bietet Ende Juni übrigens einen "Basiskurs Olivenöl" in der Schweiz an. Ob dabei auch Carapellis Öle im Zentrum des Anlasses stehen? Eigentlich kaum denkbar, wird der Kurs doch vom renommierten Fachmann Philipp Notter geleitet. Ob er, der O.N.A.O.O. in der Schweiz vertritt und ebenfalls Einsitz im Schweizer Olivenöl Panel nimmt, von den etwas seltsamen Organisationsstrukturen bei der italienischen Olivenölverkostungsschule weiss? Er müsste es. Ich weiss es - ohne mich gross darum bemüht haben zu müssen.
So oder so: Ich rate einem Fachmann für Olivenöl an dieser Stelle, sich in jedem Fall von O.N.A.O.O. zu distanzieren. Wer für Qualität beim Olivenöl einsteht, kann unmöglich für O.N.A.O.O. unterrichten. Qualitätsolivenöl und O.N.A.O.O. = ein Crash der Interessen. Zumindest bei demjenigen, der ein Gewissen hat.
Der Vermarkter des O.N.A.O.O. Anlasses, ein Online-Magazin für Tablets namens GOURMET AT HOME, nimmt zu meiner Kritik Stellung und schreibt: "Wir sind froh, einen ausgewiesenen Experten und Fachbuchautor wie Philipp Notter bei diesem Thema zu haben, der ebenfalls bei den Kollegen des SRF (Kassensturz) als Fachperson herangezogen wird. Natürlich gibt es auf diesem Gebiet nicht nur einen Experten und die Meinungen bei Olivenöl gehen stark auseinander, wird sind jedoch der Meinung, mit der ONAOO gut beraten zu sein. Mit dem von Ihnen erwähnten Marcello Scoccia stehen wir nicht in direktem Kontakt, gehen jedoch auf Grund seiner Erfahrung als Tester tausender Ölmuster beim grössten Olivenölhersteller und -abfüller der Welt, Deoleo, davon aus, dass er ebenfalls ein Experte ist, können und wollen dies aber nicht urteilen. Gerne stehen wir auch für einen persönlichen Termin mit allen Beteiligten zur Verfügung."
Naja, Philipp Schwarz, der Chefredakteur von GOURMET AT HOME, artikuliert etwas gar unbeholfen. Interpunktions- und Orthographiefehler habe ich im oben genannten Zitat übrigens korrigiert, Sinn und Unsinn seiner Stellungnahme aber unverändert gelassen.
So, wer nun also möchte, kann sich über das überteuerte und sinnentleerte GOURMET AT HOME Tablet Magazin von Philipp Schwarz zum Event mit Philipp Notter anmelden. Vielleicht kann man ja dort doch einen Hauch Carapelli schnuppern. Dann wüsste man zumindest, wie Olivenöl nicht riechen sollte.
Es grüsst.
Der Master.
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