2014 sind in Kalifornien zwei Sammelklagen gegen die US-amerikanischen Filialen der Olivenölkonzerne DeOleo und Salov eingereicht worden: Ihre Olivenöle der Marken Bertolli und Carapelli (DeOleo) beziehungsweise Filippo Berio (Salov) sollen die Verbraucher mit irreführenden Angaben zu Qualität und Herkunft täuschen. Nachdem DeOleo Anfang 2015 mit einem Antrag auf Einstellung des Verfahrens abgeblitzt ist, muss sich der weltgrößte Olivenölanbieter nun vor Gericht verantworten.
Ein Bericht von Markus Blaser, Merum (1/2015)
Im Herbst 2013 erstand Scott Koller eine Flasche Bertolli Extra Virgin Olive Oil (DeOleo). Die Angaben „Extra Virgin“ und „Imported from Italy“ überzeugten ihn davon, dass sich in der Flasche ein
italienisches Olivenöl der höchsten Qualitätskategorie befand. Tatsächlich aber handle es sich weder um Extra Vergine noch stamme das Olivenöl aus Italien. Zur selben Erkenntnis kam auch Rohini
Kumar, nachdem sie mehrmals Filippo Berio Extra Virgin Olive Oil (Salov) mit denselben Angaben auf dem Hauptetikett gekauft hatte.
Im Namen aller Käufer derart etikettierter Olivenöle reichten Koller und Kumar Sammelklagen gegen DeOleo und Salov ein. Dabei werden sie von den auf Verbraucherschutzspezialisierten Anwaltskanzleien Gutride Safier aus San Francisco und Tycko & Zavareei aus Washington DC vertreten, die bereits eine Reihe von Klagen gegen Konzerne gewonnen haben.
Die Anwälte legen den Unternehmen unlautere Werbung, Betrug, Täuschung, falsche Darstellung und unfaire Geschäftspraktiken zur Last. Zur Begründung dieser schwerwiegenden Vorwürfe verfolgen sie zwei Stoßrichtungen. So sei die Bezeichnung eines Teils der Öle als "Extra Virgin" irreführend, weil sie dieser höchsten Qualitätskategorie für Olivenöl nicht entsprächen: Im März 2014 hatten die Anwälte mehrere Flaschen der fraglichen Marken gekauft und ein offiziell anerkanntes Labor mit der chemischen Analyse und dem Paneltest der Öle beauftragt. Das Ergebnis: „Keines der geprüften Öle kann als "Extra Vergine" qualifiziert werden.
Das entspricht den Befunden des Olivenölzentrums der Universität Davis, die im Juni 2010 in einem Bericht veröffentlicht wurden. Damals verfehlten zwei von drei getesteten Filippo-Berio- und alle drei getesteten Bertolli-Öle die Kriterien für ein Extra Vergine. Als Gründe führten die Forscher Oxidation durch Wärme, Licht und / oder Alterung, Verschnitt mit billigerem raffiniertem Olivenöl sowie die Verwendung verletzter und überreifer Oliven, Verarbeitungsfehler sowie ungeeignete Lagerbedingungen an. „DeOleo und Salov sind spätestens seit diesem Bericht darüber im Bilde, dass ihre als Extra Vergine etikettierten Öle den Standards für Extra-Vergine nicht genügen“, schreiben die Anwälte. Damit werfen sie den Firmen vorsätzliche Verbrauchertäuschung vor.
Um bewusste Irreführung soll es sich – zweite Stoßrichtung – auch bei der Herkunftsangabe handeln. Die bei sämtlichen Ölen auf dem Hauptetikett genannte Information „Imported from Italy“ suggeriere den Kunden, das Öl sei in Italien aus italienischen Oliven gepresst worden. In Wirklichkeit handelt es sich laut Rücketikett aber um eine Mischung von Olivenölen verschiedenster Provenienzen, die in Italien lediglich verschnitten und abgefüllt worden seien. Wie hoch der Anteil italienischen Öls sei und ob die Flasche überhaupt Olivenöl aus Italien enthalte, sei dabei nicht zu erkennen. Deshalb täusche die Bezeichnung „Imported from Italy“ den Verbraucher über die wahre Herkunft des Olivenöls. In diesem Zusammenhang wird auch die Werbung der Ölindustrie ins Visier genommen. DeOleo und Salov „gaukeln den Konsumenten mit langfristigen Marketingkampagnen vor, dass ihre Olivenöle italienisch seien“, heißt es in der Klage. Als Beleg wird unter anderem ein Facebook-Eintrag angeführt, wonach Bertolli-Olivenöl in einer kleinen Stadt bei Mailand hergestellt werde (siehe Bild). Da für italienisches Olivenöl generell höhere Preise bezahlt werden, könnten DeOleo und Salov ihre Öle dank der irreführenden Herkunftsangabe teurer verkaufen, als wenn sie korrekt etikettiert wären. Denselben Vorteil erzielten sie mit der unrichtigen Bezeichnung „Extra Virgin“.
Anders als Salov hat DeOleo im Herbst 2014 die Einstellung des Verfahrens verlangt: Die Kläger könnten über die wahre Herkunft der Öle nicht getäuscht worden sein, weil sie ja das Rücketikett der Flaschen gesehen hätten, und sie hätten keine Beweise dafür vorgelegt, dass die von ihnen gekauften Öle keine Extra Vergine seien – das lasse sich weder aus den bei anderen Flaschen vorgenommenen Analysen noch aus dem Bericht von 2010 schließen. Mit dieser Argumentation ist DeOleo Anfang 2015 jedoch beim zuständigen Richter Richard Seeborg abgeblitzt: Die Frage, ob die Angabe „Imported from Italy“ die Verbraucher täusche, müsse unabhängig davon geklärt werden, ob der Kunde das Rücketikett gesehen habe oder nicht, und dies habe zusammen mit der Beweisführung erst im Hauptverfahren zu erfolgen. Besonders bedeutsam ist, dass der Kläger laut Richter Seeborg nicht beweisen muss, dass sich in der von ihm gekauften Flasche kein Extra Vergine befand: „Falls Koller seine Behauptung beweisen kann, dass die so etikettierten Öle generell der Kategorie Extra Vergine nicht entsprechen (…), wäre es kaum eine Verteidigung, dass ein paar Flaschen den Standard dennoch erfüllen“, schreibt Seeborg.
Den gesamten Bericht lesen Sie in Merum (1/2015)
Beim Betrachten dieser US-amerikanischen TV-Werbung gibt Bertolli den Konsumenten das Gefühl, es handle sich bei Ihren Ölen um italienische Erzeugnisse. Sehen Sie selbst.
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